Bild: Hannes Thalmann

Drumlin-Landschaft von einzigartiger Schönheit beim Weiler Lachen: Visiere für den geplanten Stall in der Wittenbacher «Viehschauwiese».

Tagblatt St.Gallen, Mittwoch, 26.Juni 2002
Bauen in der Schutzzone
Bauprojekt mit Vor- und Nachteilen: Die Landwirtschaft in der Schutzzone

Am Rande eines Landschafts-Schutzgebietes zwischen Wittenbach und Berg 
soll ein Freilaufstall entstehen. Der Heimatschutz überlegt sich eine Einsprache gegen das Bauprojekt,

MICHAEL BREU
Als «vitale vorzeige vorstadt» präsentiert sich Wittenbach im Internet. Die Stadt im Grünen ist stolz: 
«Die Lage der Gemeinde, zwischen den beiden Flüssen Steinach und Sitter mit dem Peter + Paul  - Wald im Süden und dem ausgedehnten, landwirtschaftlichen Gebiet im Norden, lädt förmlich ein zu Spaziergängen und Wanderungen», porträtiert sieh die Gemeinde in einer Broschüre. Macht man sich auf die Wanderung, vorbei am Industriepark der weltweit tätigen' Spühl AG; zu den Linden in Riditung Dottenwil, dann öffnet sich die Landschaft nach dem Weiler Lachen: die Sicht wird frei auf die weitläufigen Wiesen und die Zeugen der letzten Eiszeit. In der Fachsprache werden diese über 30 000 Jahre alten Hügel als Drumlin bezeichnet - «ein elliptischen flacher Hügel in Gebieten früherer Vereisung aus Grundmoränenmaterial oder geschichteten Schottern meist scharenweise auftretend in paralleler oder fächerförmiger Anordnung», heisst,es im Lexikon.

Nationale Bedeutung
Diese Drumlinlandschaft zwischen Wittenbach und Berg ist wertvoll, sie ist im Verzeichnis der Geotope von nationaler Bedeutung und im Richtplan des Kantons St. Gallen auf der Liste der Landschafts-Schutzgebiete aufgeführt. Am Rande dieser Landschaft
soll nun der Neubau eines Milchviehlaufstalls mit Jauchekasten zu stehen kommen. Die Visiere sind seit Mitte Juni ausgesteckt, die Einsprachefrist verstreicht am kommenden Donnerstag. Im Vorfeld haben sich einige Stimmen kritisch gegen das Bauprojekt geäussert. die Landschaft werde durch das Vorhaben beeinträchtigt, das Landschaftsbild gestört. Auch in der Baukommission der Gemeinde Wittenbach gab das Projekt zu reden: «Wir mussten abwägen, wie stark die Landschaft geschützt werden muss und wie die Anliegen des Bewirtschafters berücksichtigt werden können», sagt Wittenbachs Gemeindepräsident Albert Etter.
Landwirt Markus Eberle reichte nach ersten Gesprächen mit den Gemeindevertretern ein Bauermittlungs-Gesuch ein; mit diesem Vorgehen wird abgeklärt, ob ein Bauvorhaben rechtlich zulässig ist. Im Gesuch beschrieb Eberle zwei Varianten, ergänzt mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen und dem Wunsch, den neuen Freilaufstall auf der linken Strassenseite unweit des Wohnhauses erstellen zu dürfen. Nach einem Augenschein der Baukommission und einem ersten positiven: Entscheid auf das Bauermittlungs-Gesuch läuft nun das Bauanzeige-Verfahren.

Einsprache wird geprüft
Weil das neue Gebäude in der Landwirtschafts-Zone geplant ist, haben Direktbetroffene sowie die Natur- und Landschaftsschutzorganisationen die Möglichkeit zur Einsprache, Bis vorgestern Montag sind keine Einsprachen eingegangen, bestätigt Thomas Taverna, stellvertretender Bausekretär der Wittenbacher Verwaltung.
«Wir überlegen, das Bauprojekt zu bekämpfen und Einsprache zu erheben», findet Anita Zimmermann-Bodmer; Präsidentin des
Heimatschutzes St.Gallen-Appenzell Innerrhoden. Als Begründung wird der «Schutz des Landschaftsbildes» angeführt. Nicht vorstellig wird die national tätige Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. Pro Natura teilt sich die Arbeit in diesem Gebiet mit dem NVS, dem Naturschützverein St.Gallen und Umgebung. Christian Trionfini vom NVS: «Wir sind nicht gegen das Projekt»
Sollte die Einsprachefrist unbenutzt ablaufen und die Unterlagen komplett vorliegen - Eberle muss noch einzelne Dokumente nachliefern -, wird der Wtttenbacher Gemeinderat über das Gesuch befinden. Bei einem positiven Entscheid geht das Projekt ans kantonale Planungsamt, das als letzte Instanz über den neuen Freilaufstall befinden wird. - Bei einer Einsprache geht das Baugesuch im ersten Schritt zur Beurteilung zurück an die Baukommission.