Selten nur im Schaffen zeitgenössischer Eisenplastiker findet der Hinweis auf den Verlauf der Zeit einen solchen Niederschlag wie im Werk von Heinz Niederer. Er stellt sie in Frage, indem er einerseits durch die Behandlung seines Materials auf dessen Urzustand, auf das Erz in seinen vielfältigen Formen, aufmerksam macht - könnten nicht eigentlich seine Plastiken ohne Behandlung direkt aus dem Erzgang stammen? - andererseits aber weist er auf die Vergänglichkeit und auf die Zerstörung hin. Dabei lässt er in seinen Arbeiten, seien sie handgeschmiedet oder unter 2000-Tonnen-Pressen entstanden, den Strukturen der Oberfläche wie auch der natürlichen Farbe einen grossen Spielraum, gleich ob er rostiges Material benutzt und dessen eigenen Charakter stehen lässt oder sie mit Schleifen, Polieren, Schneiden, Schweissen usw. stärker betont. Immer aber erinnern seine Stücke, obschon sie von einem Künstler geschaffen worden sind, daran, dass sie sich dem Urzustand des Materials annähern oder mit diesem einen Dialog führen.

Dies ist der Kern von Heinz Niederers künstlerischer Auseinandersetzung: Er geht an die Grenze des Materials, sucht Auflösungen, bricht und zerbricht, angezogen von der Aesthetik der Bruchstellen. Denn auch hier ist verlaufende Zeit ablesbar, Zeit, die nicht ewig währt, sondern sich als Abfolge von Veränderungen manifestiert. Stelenortig der Höhe zustrebend oder dem Boden entlang kriechend wirken seine Plastiken, geheimnisvoll. Sie stehen da wie Zeugen der uralten Geschichte der Menschheit - waren nicht die Schmiede die ersten Magier?

John Matheson