Eisenskulptur anders

Eisenplastik setzt üblicherweise da ein, wo das Material aus seinen ursprünglichen geologischen Zusammenhängen längst herausgelöst ist durch die vielen Vorgänge der Verhüttung und Weiterverarbeitung. Eisenplastiker benutzen den Werkstoff Eisen resp. Stahl zumeist in der Form von Halbfabrikaten, Platten, Blechen, Stangen, Rohren usf. Ihr Tun ist also eine Art künstlerischer Veredlungsprozess.

Heinz Niederer hat als Eisenplastiker im Grunde andere, um nicht zu sagen: gegensätzliche Ziele. Er möchte, mindestens ideell, den Werkstoff Eisen wieder in seinen Urzustand zurückführen, möchte uns das Gesteinshafte erleben lassen, jenen mineralischen Zustand, in dem die Erze aus Erdtiefen herausgebrochen werden.

Natürlich benötigt Niederer für seine Realisationen technische Hilfen, neben der eigenen 100-Tonnen-Presse die mächtigen 2000-Tonnen-Pressen, wie sie nur grosse Industrieunternehmen kennen und benutzen.

In den meist stelenartig aufragenden Werken Niederers, die als mit Vorbedacht gesteuerte Endprodukte in den mächtigen Pressen entstehen, gewinnt tatsächlich - vor allem in den Oberflächen-Strukturen und der Farbe - das Material wieder etwas von seinem ursprünglichen Charakter zurück. Wir erleben einen Werkstoff aus der Natur, ohne dessen ingenieuse Verarbeitung und Nutzung die Menschheit wesentliche Etappen ihrer Entwicklung nicht hätte erreichen können. Darin liegen die Denkanstösse, wie sie ein Eisenplastiker unserer Zeit uns bietet.

 

Dr. Willy Rotzler